Dlair Batti hat mit seinen 17 Jahren schon mehr erlebt als so manch anderer. Vor zwei Jahren ist er nach Deutschland gekommen und geht seitdem am THG zur Schule. Ein Tag mit ihm.
Wir treffen uns um kurz nach 12 Uhr an der Bushaltestelle Bergenring. Gemeinsam fahren wir in die Stadt, um uns dort ein wenig zu unterhalten.
Dlair erzählt mir, dass er in seiner Heimat nicht mehr bleiben konnte. Er kommt aus Syrien und musste in den Nachrichten verfolgen, wie der IS seinem Zuhause immer näher gekommen ist. Es gab nur eine Möglichkeit: Den Weg nach Europa.
Seine Familie hatte zwar nicht wenig Geld, konnte sich aber trotzdem die Flucht nach Deutschland nicht leisten. So haben sich zunächst nur sein Vater und seine Schwester auf den Weg gemacht. Das war vor drei Jahren. Etwa ein Jahr später kamen dann Dlair und seine Mutter nach. Von Syrien aus reisten sie über den Irak in die Türkei und konnten von dort aus nach Deutschland fliegen. Dlair gefällt es gut hier, seine Familie möchte aber so bald wie möglich wieder zurück in die Heimat – wenn das wieder möglich ist. Bis dahin wird es aber noch dauern.
In Mettenhof ist Dlair ein Jahr lang in die DaZ-Klasse des THG gegangen, um Deutsch zu lernen. In der Zeit ist Dlair ab und zu auch Teil meiner Klasse geworden - weil die Fächer ihn interessieren, hat er häufig unsere Physik- und Mathestunden besucht.
Dlair wird immer besser und spricht mittlerweile fließend Deutsch. Deshalb konnte er schon im vergangenen Schuljahr in die 10. Klasse gehen. Jetzt kommt er in die Oberstufe und träumt schon von seinem nächsten Ziel: “Ich will nach der Schule Medizin studieren und Arzt werden. Genau wie mein Bruder, der in der Türkei studiert und in ein paar Jahren nach Deutschland nachkommt.”
Dlair und ich spazieren vom Bahnhof aus am Wasser entlang bis zur Kiellinie. Dann drehen wir um, um gemeinsam Döner zu essen. “Ich esse täglich für ungefähr sechs Euro Dönerfleisch, das ist eindeutig zu viel”, erzählt er schmunzelnd. “Aber ich muss meine Muskeln aufbauen!”
In seiner Freizeit spielt Dlair gerne Volleyball. Auf Klassenfahrt in Kappeln hat er sich außerdem ins Wasserskifahren verliebt. “Seitdem bin ich schon zwei Mal wieder gefahren.” Er spricht Arabisch, Kurdisch, Englisch und Deutsch fließend und kann auch ein bisschen Türkisch und Französisch. Da liegt es nahe, dass Dlair demnächst als Dolmetscher anfängt zu arbeiten.
Am Ende musste Dlair etwas früher nach Hause als geplant: “Ich begleite eine traditionelle arabische Tanzgruppe auf dem Tanbur. Wir haben morgen eine Aufführung und kurzfristig eine Probe eingeschoben.” Sein Können auf dem Tanbur, einem traditionellen kurdischen Instrument, das optisch einer Gitarre ähnelt, hat Dlair uns allen schon mehrfach, zuletzt bei der Jahresabschlussfeier, unter Beweis gestellt. Übrigens ist er sehr glücklich in Mettenhof. Zu Hause spricht er Kurdisch und Deutsch, hat aber noch Probleme, sich an deutsches Essen zu gewöhnen: “Was esst ihr Deutschen eigentlich noch außer Kartoffelsalat?” Meine Antwort: “Was für eine Frage, Kartoffeln natürlich!”
Auf meine Frage, was er gerne an unserer Schule ändern wolle, antwortet er nur: “Ganz ehrlich? Nichts!”